
Angedacht von Pastor Reinhard Keding
Es gibt im Neuen Testament einen Brief, der hat es in sich!! Wir wissen nicht genau, wer der Schreiber ist, aber vermutlich ist es ein Halbbruder Jesu. Er spielte zu Beginn der christlichen Gemeinde eine wichtige Rolle.
Es wurde lange darum gestritten, ob er überhaupt in den Kanon der Bibel aufgenommen werden sollte. Luther nannte sie eine „stroherne Epistel“. Der Grund war, dass seine grundsätzliche Erkenntnis, die er von Paulus wieder aufgenommen hatte in Frage gestellt wird. Der Mensch wird allein durch den Glauben selig und nicht durch Werke!! Nur durch die Gnade Gottes gibt es den Himmel, nicht als Belohnung für „frommes Leben“.
Das ist nicht nur protestantischer Grundglaube. Diese Zentrierung, die Luther der Kirche damals wieder neu formuliert hat, ist inzwischen als „Rechtfertigungslehre“ ein ökumenisches Bekenntnis. Nun ist die lutherische Einordnung des Jakobusbriefes eigentlich falsch. Der Jakobusbrief gehört zu den ältesten Briefen des Neuen Testamentes. Viele theologische Wissenschaftler datieren ihn in die Zeit um 50 n. Chr.
Also kannte Jakobus die Paulusbriefe noch nicht, sodass man ihm auch nicht unterstellen kann, bewusst einen Gegenakzent setzen zu wollen. Es geht um eine grundsätzliche Frage, wie die Gewichtung von Glauben und dem, wie aus dem Glauben heraus gelebt wird, zu sein hat.
Eine Verirrung hat es immer gegeben.
Wenn wir aus Glauben selig werden und aus Gnade gerettet werden, dann haben wir die Freiheit zu leben, wie wir wollen. Dann ist die Taufe missverstanden als „Freibrief“ für den Himmel. Daraus folgt oft eine zwielichtige Lebensführung. „Außen hui und innen Pfui“ - scheinheilig, so wurden solche Menschen betitelt, beschimpft. Sie lebten im Alltag, was sie wollten, keiner merkte etwas von der christlichen Nächstenliebe und sonntags ging man zur Kirche. Man feierte ausgiebig die Feste, weil man wusste, ich kann dann ja Beichten gehen und alles ist wieder gut.
Im Karneval wurde dann gesungen: „Wir sind alle kleine Sünderlein war immer so, war immer so. Der Herrgott wird es uns bestimmt verzeihn, war immer so ja so. Denn warum sollten wir auf Erden schon lauter kleine Englein werden?“ Dietrich Bonhoeffer hat davor gewarnt, die Gnade Gottes als „billige Gnade“ zu missbrauchen. Jakobus ermahnt die Mitglieder, so zu leben, dass ihr Leben Ausdruck ihres Glaubens an Jesus Christus ist. Der Glaube ohne Werke ist ein „toter Glaube“, so seine Grundaussage
Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst. Jak 1,22
Ich meine, es ist eine wichtige Erinnerung an alle, die sich Christen nennen wollen. Der Glaube an Jesus hat Konsequenzen und darf kein „frommes Mäntelchen“ sein. Unser Leben spricht oft lauter als unsere Reden.
Prüfe sich also jede und jeder selbst, wie und ob der Glaube seine Auswirkungen im Alltag hat. Prüfen wir, ob wir uns im Zusammenleben mit unseren Mitmenschen davon leiten lassen, dass wir „vor Gott alle gleich sind“! Prüfen wir, ob die Streitigkeiten in Familien, zwischen Nachbarn, zwischen Mitarbeitenden oder in kirchlichen Gremien vermeidbar wären, wenn wir unser Denken vom Wort Gottes leiten lassen.
Das wir uns nicht selbst betrügen, wünsche ich mir!
Ihr Reinhard Keding